2 Mai
2014

Bonus: Zielvereinbarung einseitig ändern? Das geht nicht.

Die Berechnung eines Bonus bietet immer wieder Anlass zum Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das Bundesarbeitsgericht hat am 11.12.2013 (10 AZR 364/13) entschieden: Der Arbeitgeber darf Ziele und Zahlungsvoraussetzungen für Boni, die er mit dem Arbeitnehmer gemeinsam festgelegt hat, NICHT nachträglich einseitig ändern. Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde, bei dem es zwar nur um rund 1.500 Euro ging, der aber grundsätzlich interessant ist:

Der klagende Arbeitnehmer arbeitete als Ingenieur bei seinem Arbeitgeber. Im Arbeitsvertrag hatten sich beide Seiten auf ein Bruttogehalt von rund 4500 Euro und einen „variablen Bonus nach den jeweils gültigen Regelungen“ geeinigt. In der entsprechenden Regelung stand, dass der Bonus sich auf 15 % des Bruttojahresgehaltes beläuft und sich zu 60 % aus den Unternehmenszielen und zu 40 % aus den individuellen Zielen bestimmt. Die Jahresziele für das Unternehmen, so sah es die Regelung weiter vor, sollten jährlich mit dem Betriebsrat vereinbart werden. Für das im Streit stehende Bonus-Jahr 2008/2009 gab es eine Einigung mit dem Betriebsrat, die durch die Einigungsstelle zustande gekommen war. Ein Unternehmensziel war der EBITA. Erreicht wurden in dem Jahr etwas über 86 Mio. EBITA. Die Berechnung kam nach einer Methode zustande, die auch schon in den Vorjahren angewendet worden war. Dieser Wert wurde an die Konzernmutter gemeldet und die wies das Unternehmen /den Arbeitgeber an, eine andere Berechnungsmethode bei versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlustren für den EBITA anzuwenden. Das führte dann zu einem Wert von rund 70 Mio. Der Kläger wehrte sich dagegen, weil er der Ansicht war, der Arbeitgeber hätte die bisherige Berechnungsmethode anwenden müssen und er habe daher einen Anspruch auf einen um 1.500 Euro höheren Bonus.

Für die Arbeitsgerichte ist dies eine schwierige Materie. Die beiden Vorinstanzen hatten dem Arbeitgeber mit Hilfe von Sachverständigengutachten  einen weiten Spielraum bei der Art der Berechnung des EBITA zugebilligt. Das BAG sah das anders. In der Betriebsvereinbarung war keine Berechnungsmethode für den EBITA festgelegt. Der Arbeitgeber musste daher die Berechnung nach billigem Ermessen vornehmen. Das verlangt § 315 BGB. Das BAG legte dann von sich aus nach billigem Ermessen ein EBITA von 78 Mio fest und sprach dem klagenden Arbeitnehmer rund 800 Euro zu. Dazu ist das Gericht berechtigt, denn § 315 BGB lautet:

„(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. 

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber hatte nach Ansicht des BAG zwar Spielräume aber keine so großen, wie er sich nahm. Der Begriff des EBITA sei zwar auch in seinem fachlichen Zusammenhang nur schwer greifbar und eine Definition, wie er zu ermitteln sei, gebe es nicht. In der Vergangenheit habe der Arbeitgeber jedoch stets eine am Zweck der Betriebsvereinbarung orientierte Berechnung vorgenommen. 2008/09 habe er aber einzig und allein aufgrund der Intervention der Konzernmutter die Ziele anders berechnet. Diese einseitige Änderung der Berechnungsmethode sei willkürlich und nicht aufgrund billigen Ermessens erfolgt. Daher musste das Ergebnis vom Gericht korrigiert werden (§ 315 Abs. 3 Satz 2 BGB).

Auch wenn die Materie betriebswirtschaflich schwierig anmuten mag. Eins bleibt für alle Zielvereinbarungen und Bonuszahlungen stehen: Wenn man sich einmal auf ein Ziel geeinigt hat und wenn eine Berechnungsmethode als möglich und nachvollziehbar im Raum steht, dann ist eine einseitige Änderung durch den Arbeitgeber nicht möglich.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

Sandra Flämig hat 4,99 von 5 Sternen 173 Bewertungen auf ProvenExpert.com