1 Jul
2013

Betriebsvereinbarungen und leitende Angestellte

Ein Leser dieses Magazins hatte mir folgende Frage zum Artikel „Leitende Angestellte – Kündigung ohne Abmahnung bei privater Internetnutzung“ geschickt:

„Wenn das Verbot der privaten Internet-Nutzung „nur“ in einer Betriebsvereinbarung definiert wurde, dann gilt die für den leitenden Angestellten ja gar nicht. Wie verhält es sich denn in dem Fall? Muss man dann auf die betriebliche Übung der leitenden Angestellten schauen?“

Eine sehr interessante Frage. Zunächst mal ist es richtig, dass Betriebsvereinbarungen nicht für die in § 5 Abs. 2 BetrVG genannten Personen und auch nicht für in § 5 Abs. 3 BetrVG genannten leitenden Angestellten gelten. § 5 Abs. 2 und 3 BetrVG lauten wie folgt:

„…(2) Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht

  1. in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist;
  2. die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft oder die Mitglieder einer anderen Personengesamtheit, soweit sie durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit oder zur Geschäftsführung berufen sind, in deren Betrieben;
  3. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient, sondern vorwiegend durch Beweggründe karitativer oder religiöser Art bestimmt ist;
  4. Personen, deren Beschäftigung nicht in erster Linie ihrem Erwerb dient und die vorwiegend zu ihrer Heilung, Wiedereingewöhnung, sittlichen Besserung oder Erziehung beschäftigt werden;
  5. der Ehegatte, der Lebenspartner, Verwandte und Verschwägerte ersten Grades, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Arbeitgeber leben.

  (3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

  1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder
  2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder

  3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere auf Grund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.

Für die in Absatz 1 Satz 3 genannten Beamten und Soldaten gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.“

Wenn es sich also um einen echten leitenden Angestellten handelt und nicht nur um einen, der sich so fühlt oder so bezeichnet wird, dann gelten Betriebsvereinbarungen für diese Person nicht.  Hat die Betriebsvereinbarung die Leitenden  Angestellten auch mit einbezogen, so gilt die BV dann auch noch nicht automatisch, denn der Betriebsrat ist für diese Personengruppe nicht zuständig. Was die Einbeziehung der leitenden Angestellten in einer Betriebsvereinbarung für Konsequenzen hat, ist umstritten. Überwiegend wird jedoch die Ansicht vertreten, dass es sich dabei lediglich um ein Vertragsangebot des Arbeitgebers handelt, dass der leitende Angestellte annehmen muss. Man kann Angebote durch schlüssiges (konkludentes) Handeln annehmen, so dass man schnell bei der Geltung einer Betriebsvereinbarung wäre. Jedoch enthalten die meisten Verträge feste Schriftformklauseln, so dass die Annahme dieses Angebots schon schriftlich fixiert werden muss. Also: Hat man nur eine Betriebsvereinbarung, kann sich der Arbeitgeber nicht allein darauf berufen, wenn er den leitenden Angestellten disziplinieren will.

Die Frage ging jedoch noch weiter: Wie muss sich denn der leitende Angestellte nun verhalten? Gilt vielleicht eine betriebliche Übung? Bei der Frage, ob ein leitender Angestellter privat das Internet nutzen darf, geht es darum, ob er weiß, was erlaubt ist und was nicht. So kann ein Arbeitgeber, der eine BV zum Thema Internetnutzung geschlossen hat, gegenüber seinen Leitenden Angestellten klarstellen, dass die für die Arbeitnehmer aufgestellten Regeln zur privaten Internetnutzung auch für die leitenden Angestellten gelten. Der für die leitenden Angestellten zuständige Sprecherausschuss ist darüber zu unterrichten (§ 30 SprAuG).

Dann ist alles klar. Problematisch wird es nur dann, wenn der Arbeitgeber sich nicht geäußert hat. Man wird hier im Einzelfall schauen müssen, wie exzessiv die private Internetnutzung war und ob dadurch neben der verlorenen Arbeitszeit vielleicht auch Schäden angerichtet wurden (Viren etc.). Hier ist es wie bei jedem anderen Arbeitnehmer auch, bei dem keine klare Regelung zur Internetnutzung besteht: Der Einzelfall entscheidet. Fehlt eine Regelung wird in den meisten Fällen vor einer Kündigung eine Abmahnung erforderlich sein.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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