6 Mai
2010

Betriebsübergang bei Schlecker

von Dr. Sandra Flämig Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

ENDLICH hat Schlecker mal eins auf´s Dach bekommen! Am 23. April 2010 urteilte das Marburger Arbeitsgericht in einem Eilverfahren, dass es sich bei der von Schlecker praktizierten Taktik um einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB handelt.

Doch eins nach dem anderen: Schlecker hat im vergangenen Jahr viele kleine Läden geschlossen und an derselben Stelle große „Schlecker XL“-Märkte aufgezogen. Es handelt sich dabei um eine andere Firma. Das Sortiment ist erweitert aber ansonsten das gleiche und auch der Kundenkreis bleibt derselbe. Die Mitarbeiterinnen der ehemaligen AS Schlecker Filialen wurden betriebsbedingt gekündigt und gleichzeitig wurde ihnen ein neuer Arbeitsvertrag bei Schlecker XL zu 30% bzw. 50% weniger Gehalt angeboten. Das Arbeitsgericht Marburg hielt das für einen Betriebsübergang. Das führt nun dazu, dass Schlecker die Mitarbeiterinnen zu den früheren Konditionen in der Schlecker XL Filiale weiterbeschäftigen muss.

Ich bin auch der Ansicht, dass es sich um einen Betriebsübergang handelt, da der Kundenstamm derselbe ist, die Arbeitsstätte dieselbe ist und nur das Sortiment ein wenig erweitert wurde. Aber man kann das auch anders sehen, was das ArbG Marburg zum Glück nicht getan hat.

In anderen Fällen war auch noch eine Zeitarbeitsfirma dazwischen geschaltet, um das Ganze für Schlecker wasserdichter zu machen. Wenn nämlich neue Mitarbeiter bei der Zeitarbeitsfirma angestellt werden und kaum „alte“ Schlecker Mitarbeiter zur Zeitarbeitsfirma wechseln (wegen unanständig niedriger Löhne), dann kann man schon zweifeln, ob hier noch ein Betriebsübergang vorliegt, weil ja die Belegschaft komplett ausgetauscht wird. Aber auch in dem Fall bin ich der Ansicht, dass es sich um einen Betriebsübergang handelt, denn die Ausstattung, das Sortiment und die Kunden bleiben gleich.

Doch Betriebsübergang hin oder her. Hier liegt ein Verstoß gegen die guten Sitten und gegen Treu und Glauben vor. Und auch wenn die Keule der Sittenwidrigkeit nur selten trifft, hier muss sie es. Man kann das Ganze also auch unter § 242 BGB subsumieren.

Leider ist der Volltext des Urteils des ArbG Marburg noch nicht vorhanden, so dass hier nicht auf die einzelnen Begründungen eingegangen werden kann. Fakt ist, das Arbeitsgericht Marburg hat ein Zeichen gesetzt. Wie es weiter geht in dem Fall, bleibt abzuwarten.

Nicht mal so sehr am Rande interessiert aber die Tatsache, dass die 3 Mitarbeiterinnen, die sich gewehrt hatten, sehr mutig gewesen sind. Ob ihnen allerdings der Presserummel helfen wird, wage ich zu bezweifeln. Der ver.di Vertreter, den Günther Jauch gestern Abend dazu in Stern TV interviewte, war davon überzeugt, dass die Öffentlichkeit die Mitarbeiterinnen schützen würde. Auch da bin ich nicht so optimistisch. Was den 3 Frauen aber sicher hilft: Sie haben sich zu Recht gewehrt. Und eins muss man auch mal klar sagen: Es gibt in Deutschland zum Glück eine übergroße Mehrheit von Arbeitgebern, die ihre Mitarbeiter mit Respekt behandeln. Auch der Bundesverband Zeitarbeit (BZA) hat sich zu Wort gemeldet und die Schleckerpraktiken angeprangert.

Und was können wir tun? Nun ja: Andere Mütter haben auch schöne Söhne/Töchter. Es gibt so viele Drogeriemärkte, in denen man gut einkaufen kann und die ihre Mitarbeiter gut behandeln, so dass man sich beim Einkauf auch noch gut fühlt ….

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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