16 Mai
2011

Befristungsgrund „Haushaltsmittel“ europarechtskonform?

von Dr. Sandra Flämig: Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart

Das Bundesarbeitsgericht hat am 27.10.2010 (BAG 7 AZR 485/09) durch einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof die Frage zur Klärung vorgelegt,

„ob es unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes mit der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG § 5 Nr. 1 („Rahmenvereinbarung“) vereinbar ist, für den öffentlichen Dienst einen sachlichen Grund zur Befristung von Arbeitsverträgen vorzusehen, der in der Privatwirtschaft nicht zur Verfügung steht“ (so BAG 27.10.2010 7 AZR 485/09).
Gemeint ist § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 7 Teilzeit- und Befristungsgesetz, in dem geregelt ist:

„Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
……
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird …..“
Der Privatwirtschaft steht der Befristungsgrund nicht zur Verfügung. Das BAG hat bemerkt, dass dies zum einen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen könnte. Zum anderen hat es zu bedenken gegeben, dass öffentliche Arbeitgeber immer von Haushaltsmitteln abhängen und diese immer befristet sind. Das würde somit Kettenbefristungen Tür und Tor öffnen, was europarechtlich nicht gewollt ist. Bei § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 7 Teilzeit- und Befristungsgesetz war das Bundesarbeitsgericht schon immer restriktiv.
Schon in seiner Entscheidung vom 18.10.2006 (BAG 7 AZR 419/05) hatte das Bundesarbeitsgericht Haushaltsbefristungen nur dann zugelassen, wenn
„wenn der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und der Arbeitnehmer zu Lasten dieser Mittel eingestellt und entsprechend beschäftigt wird.“ (BAG 7 AZR 419/05)
Es sei darüber hinaus erforderlich, dass die Haushaltsmittel, die für eine befristete Beschäftigung vorgesehen sind, die Erledigung ganz bestimmter, nur vorübergehender Aufgaben, zum Zweck haben, so das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 18.10.2006 weiter.
Mit der Vorlage zum EuGH will das Bundesarbeitsgericht noch einen Schritt weiter gehen. Der gesamte § 14 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 7 Teilzeit- und Befristungsgesetz steht in Frage. Der EuGH hat bisher noch nicht entschieden. Arbeitgeber sollten bis zur Entscheidung den Befristungsgrund jedoch nicht mehr anwenden.
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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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