Das Bundesarbeitsgericht hat am 20.6.2013 (8 AZR 280/12 – Pressemitteilung 42/12) über die Frage zu entscheiden, welche Ansprüche durch eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist „kaputt gemacht“ werden und welche bestehen bleiben.
Die klagende Arbeitnehmerin war bei der Beklagten in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt in ihrem Arbeitsvertrag hatten die Parteien folgende Klausel vereinbart:
„Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“ (aus dem Tatbestand des vorinstanzlichen Urteils des LAG Köln 5 Sa 1560/10)
Der Klägerin wurde innerhalb der Probezeit gekündigt. Es gab auch dazu einen Prozess in dem man sich auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.5.2010 einigte. Die Klägerin war von 16.11.2009 bis 31.5.2010 krank. Sie teilte aber mit Schreiben vom 263.2010 ihrem Arbeitgeber mit, dass sie ihren Vorgesetzten angezeigt habe wegen des Verdachts der Beleidigung und der sexuellen Belästigung. Das Strafverfahren wurde im November 2010 eingestellt. Am 30.8.2010 erhob die Arbeitnehmerin Klage auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen den Arbeitgeber, weil sie ihre Erkrankung auf das von ihr als „Mobbing-Handlungen“ bezeichnete Verhalten ihres Vorgesetzten zurückführte.
Die beiden Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen, weil die Ausschlussfrist nicht gewahrt sei.
Das ließ das Bundesarbeitsgericht nicht gelten. Die Parteien eines Arbeitsvertrages können – anders als Tarifvertragsparteien – weder die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatz im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtern noch dem Schuldner die Haftung wegen Vorsatzes im Voraus erlassen – so das Bundesarbeitsgericht.
Die beiden maßgeblichen Vorschriften lauten wie folgt:
§ 202 Abs. 1 BGB:
„Die Verjährung kann bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert werden.“
§ 276 Abs. 3 BGB:
„Die Haftung wegen Vorsatzes kann dem Schuldner nicht im Voraus erlassen werden.“
Darüber hinaus, so das Bundesarbeitsgericht weiter, hafte der Arbeitgeber bei Arbeitsunfällen und Berufsunfähigkeit ausschließlich für Vorsatz. Das ergebe sich aus
§ 104 Abs. 1 SGB VII:
„Unternehmer sind den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Ein Forderungsübergang nach § 116 des Zehnten Buches findet nicht statt.“
Die gesetzliche Lage sei also klar. Zum einen ergebe sich schon durch Auslegung der Vertragsklausel, dass die Parteien die Ausschlussfrist nicht für Vorsatztaten gelten lassen wollten. Wenn sie das gewollt hätten, hätte es klar formuliert sein müssen. Doch selbst dann wäre eine solche Klausel unwirksam, denn anders als Tarifvertragsparteien können die Arbeitsvertragsparteien die Vorsatzhaftung eben nicht beschränken oder kürzere Verjährungsfristen vereinbaren. Soweit so einfach. Nun muss das LAG Köln entscheiden, ob die Arbeitnehmerin tatsächlich einen Schadensersatzanspruch wegen sexueller Belästigung bzw. wegen Mobbings hat. Das ist der schwierigere Teil für die Klägerin, denn sie muss darlegen und beweisen, dass ihr Vorgesetzter, dessen Verhalten sich der Arbeitgeber zurechnen lassen muss, ihr vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat. Sie muss jede einzelne Handlung darlegen und beweisen. In der Regel gelingt das nicht. Aber vielleicht liegt der Fall ja hier anders. Die Einstellung des Strafverfahrens spielt zwar für die Entscheidung der Arbeitsgerichte keine Rolle, ist aber dennoch kein gutes Zeichen für die Klägerin.