Kann ein Arbeitnehmer auf eine Abfindung auf der Basis einer Betriebsvereinbarung (BV) verzichten und wenn ja, unter welchen Umständen? Diese Frage musste das Bundesarbeitsgericht am 13.10.2013 (1 AZR 405/12) entscheiden. Nach § 77 IV BetrVG kann ein Arbeitnehmer nur dann auf Ansprüche aus BV verzichten, wenn der Betriebsrat dem Verzicht wirksam zustimmt.
Ein Arbeitgeber hatte mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung geschlossen. Nach deren Inhalt sollte – ich kürze ab – ein betriebsbedingter Personalabbau sozialverträglich gestaltet werden. Es war auch eine Berechnungsformel für Abfindungen enthalten. Einen Anspruch auf den Abschluss eines Aufhebungsvertrages gewährte die Betriebsvereinbarung aber nicht. Es mussten beide Seiten einverstanden sein.
Eine Arbeitnehmerin und spätere Klägerin „bewarb“ sich 2 Mal erfolglos um einen Aufhebungsvertrag. Zweimal lehnte der Arbeitgeber ab, weil er das Budget für die Aufhebung nicht hatte. Erst beim dritten Mal erklärte sich der Arbeitgeber bereit, dass Arbeitsverhältnis zu beenden: Es wurde im Dezember 2005 zwischen der Arbeitnehmerin/Klägerin, dem Arbeitgeber und einer Beschäftigungsgesellschaft ein 3-Seitiger-Vertrag geschlossen:
Der Arbeitgeber schrieb an den Betriebsrat, dass die Arbeitnehmerin aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden wolle und dass man sich auf eine ggü. der BV verringerten Abfindung geeinigt habe. Der Arbeitgeber bat um Zustimmung.
Des Weiteren gab es eine Erklärung der Mitarbeiterin, die den Verzicht auf die Ansprüche aus der BV beinhaltetet und die auch unterschrieben war, wobei die Klägerin bestritt, dass es ihre Unterschrift sei. Die Zustimmung des Betriebsrates war von einem Betriebsratsmitglied unterschrieben.
Die Arbeitnehmerin hatte geklagt und wollte die Differenz von rund 150.000 Euro zwischen ihrem Aufhebungsvertrag und der Betriebsvereinbarung. Sie habe die Verzichtserklärung nicht unterschrieben und der Betriebsrat habe nicht wirksam zugestimmt.
Beim Arbeitsgericht unterlag sie, beim LAG gewann sie, das BAG hob das Urteil des LAG auf und verwies den Fall zurück, weil der Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt war.
Das BAG rügte:
FAZIT: Wenn die Frau darlegen und beweisen kann, dass sie die Voraussetzungen der BV erfüllt, kann es sogar dazu kommen, dass der Aufhebungsvertrag gar nicht wirksam zustanden kam.
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