6 Nov
2014

Aufhebungsvertrag – unverhofft kommt oft – Raus aus der Opferrolle!

Aufhebungsverträge sind beliebter denn je. Die Einleitung einer solchen Trennungsabsicht durch den Arbeitgeber ist dabei mehr oder weniger freundlich/nett/menschlich etc. In den meisten Fällen trifft es die Betroffenen aus heiterem Himmel. Insbesondere bei Führungskräften gilt es nun, einen kühlen Kopf zu bewahren und sich „frei zu schwimmen“.

Das bedeutet, Handlungsfreiheit zurück bekommen. Gerade Führungskräfte, denen vom Arbeitgeber mitgeteilt wird, dass er sich auf jeden Fall von ihnen trennen möchte, sehen in der Regel eine scheinbar ausweglose Situation. Sie haben jahrelang alles für das Unternehmen gegeben. Sie haben ihre Mitarbeiter im Sinne des Unternehmens geführt, aber auch die Mitarbeiter geschützt und selbst den Kopf hingehalten. Sie waren mit dem Unternehmen „verheiratet“. Ein Privatleben hatten sie (so gut wie) nicht. Und nun das. Die Trennung.

Gerade dann, wenn die Trennung vom Arbeitgeber unsanft eingeleitet wird und durch  Methoden aus dem Giftschrank („Gerüchte streuen“, „Andeutungen machen“, „Halbwahrheiten verbreiten“ etc.) begleitet wird, ist die Angst besonders groß. Aber auch ohne diese fiesen Methoden ist Angst vorhanden. Sie geht einher mit Verzweiflung („Was soll ich nur tun?“ „Ich bin für immer verbrannt!“ „Ich finde nie wieder einen Job!“) und Wut („Das ist so ungerecht, jahrelang habe ich mich aufgeopfert und jetzt das!“).

All diese Reaktionen sind verständlich. Sie führen aber zu einer emotionalen und vollkommen eingeengten Sichtweise, in der es keine Alternativen gibt.

Der zweite Schritt, nach dem Schritt zum Anwalt, muss lauten: Raus aus der Opferrolle! Ja, auch wenn Sie, liebe Führungskräfte, das nicht hören wollen, Sie fühlen sich als Opfer. Sie machen sich zum Opfer. Insgeheim sprechen Sie ja auch davon, sich aufgeOPFERT zu haben. Schluss damit! Opfer sein beschränkt Sie in Ihrer Handlungsfreiheit. Opfer sein bedeutet, ein Brett vor dem Kopf zu haben und auf dem Millimeterpapier zu tanzen – immer in diesen ganz klitzekleinen Kästchen.

Solange Sie im „Leid baden“, werden Sie die vielen neuen Handlungsmöglichkeiten, die Sie haben, nicht sehen und Sie werden ein ganz schwacher Verhandlungspartner für Ihren Arbeitgeber. Das drückt den Preis. Und das ist schlecht.

Was gewesen ist, ist gewesen und nun stehen Sie hier und haben den Aufhebungsvertrag in der Hand. Emotionen sollen und dürfen Sie dabei haben und sie sich anschauen. Emotionen gehören zum Coach oder Therapeuten. Diese Menschen leisten großartige Arbeit. Für die juristische Lösung Ihres Problems brauchen Sie Klarheit und einen kühlen Kopf. Es ist herrlich, wenn Sie Ihre Gefühle, die mit der Trennung verbunden sind, gut aufgehoben wissen bei Ihrem Coach oder Therapeuten.

Und seien Sie nicht überrascht, wenn Sie nach nur einem Besuch bei Ihrem Anwalt und bei Ihrem neuen Coach schon den ersten Silberstreif am Horizont sehen. Das gibt Ihnen Auftrieb für die Trennungsverhandlungen. Sie werden erkennen, dass Sie viel mehr Alternativen zu Ihrem bisherigen Job haben. Das gibt Ihnen nicht nur bessere Laune. Es wird Sie auch in die Lage versetzen, die juristischen Fakten Ihres Falles gemeinsam mit Ihrem Anwalt glasklar aufzulisten und eine faire Forderung zu stellen. Weil Sie sich frei geschwommen haben, hat Ihr Arbeitgeber kein (subtiles) Druckmittel mehr gegen Sie in der Hand. Wenn Sie kein Opfer mehr sind, muss der Arbeitgeber kein Täter mehr sein. Er kann es  dann auch gar nicht mehr.

Es funktioniert. Sie werden gemeinsam mit Ihrem Anwalt Ihre optimale Lösung finden. Möglicherweise passiert es Ihnen im Laufe dieses „Prozesses“ (nicht Gerichtsprozesses), dass Sie sich darüber freuen, endlich mal wieder etwas anderes machen zu können. Und dazu werden Sie die Chance haben.

In der Regel lassen sich Arbeitgeber die „geräuschlose und schnelle Trennung“ etwas kosten. Sie werden also genug Zeit haben, sich neu zu orientieren. Beim Kaufen von bezahlter Zeit unterstützt Sie Ihr Anwalt. Die Erfahrung zeigt mir, dass in den meisten Fällen Trennungen – gerade bei Führungskräften – nicht juristisch begründbar sind. Das wiederum hilft beim Kaufen von Zeit.

Freuen Sie sich also, dass Sie etwas Neues anfangen dürfen.

Sie können sich natürlich auch ärgern, dass das Alte zu Ende geht. Da Sie den reinen Fakt „Trennung ja oder nein“ aber nicht in der Hand haben, bringt der Ärger nur noch mehr Ärger und führt ansonsten zu rein gar nichts außer einer richtig miesen Stimmung. Also können Sie sich auch gleich freuen, denn das bringt Sie raus aus der Opferrolle und hin zu mehr Handlungsfreiheit und das wiederum bringt eine bessere Verhandlungsposition, das bringt mehr bezahlte Zeit und damit haben Sie mehr Ruhe, sich von Ihrem neuen Job finden zu lassen.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Arbeitswelt heute Blog

Sandra Flämig hat 4,99 von 5 Sternen 171 Bewertungen auf ProvenExpert.com