Wenn man einen Aufhebungsvertrag geschlossen hat, sollte eigentlich wirklich ein Schlussstrich unter das Arbeitsverhältnis gezogen sein. Dennoch passiert es immer wieder, dass Arbeitnehmer ihre Aufhebungsverträge anfechten wollen. Das ist immer eine schwierige Angelegenheit. Selbst dann, wenn dem Arbeitnehmer wirklich so gedroht wurde, dass ihn dies zur Anfechtung berechtigen würde, denn in der Regel hat er ein Beweisproblem.
Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte aber am 25.10.2013 ( 10 Sa 99/13) einen recht eindeutigen Fall zu entscheiden. Eindeutig dahingehend, dass kein Anfechtungsgrund gegeben war:
Eine Krankenschwester war seit Anfang der 90er Jahre beim Arbeitgeber beschäftigt. Offensichtlich war sie, wie so viele in ihrem Beruf heillos überlastet. Doch das half ihr nicht als Entschuldigung. Sie hatte Schwesternschülerinnen angewiesen, einem Patienten, dem sie schon ohne ärztliche Anordnung einen Dauerkatheter gelegt hatte, weil er wegen seines Harndrangs so oft klingelte, ein verschreibungspflichtiges Beruhigungsmittel zu geben. Sie kommentierte diese Anordnung mit den Worten. Hier gib dem mal die Tablette, dann ist hier gleich Ruhe.“ Eine andere Patientin, die in den Augen der Klägerin „nervte“ wurde von der Klägerin außer Reichweite der Klingel geschoben. Erfahren hat der Arbeitgeber, weil die Schwesternschülerinnen einen Bericht an ihn geleitet hatten
Wegen dieser massiven Verstöße gegen den Arbeitsvertrag, die überdies auch Straftatbestände erfüllten wurde mit der Arbeitnehmerin am 3.4.2012 um 10:30 im Beisein des Betriebsrates eine Gespräch geführt. Man sagte ihr, sie könne sich bis 13:30 Uhr entscheiden, ob sie einen Aufhebungsvertrag zum 30.4.2012 unterschreiben wolle. Der Verwaltungsdirektor legte ihr den Aufhebungsvertrag mit den Worten nahe, sie könne froh sein, dass der Bericht noch nicht bei der Staatsanwaltschaft liege. Der Staatsanwalt würde sie in der Luft zerreißen und ihr würde dann auch ihr Examen aberkannt. Daraufhin unterschrieb sie. Reichlich 6 Wochen später focht sie den Vertrag wegen widerrechtlicher Drohung an und begehrte beim Arbeitsgericht die Feststellung, dass zwischen ihr und dem Arbeitgeber immer noch ein Arbeitsverhältnis bestand.
Das Arbeitsgericht wies die Klage ab und auch beim LAG hatte die Klägerin keinen Erfolg. Zum einen hatte die Beweisaufnahme, bei der Zeugen vernommen wurden, ergeben, dass der Arbeitgeber nur objektiv die Möglichkeit hatte, Strafanzeige zu erstatten. Er hat aber nicht gesagt „Wenn Du nicht unterschreibst, dann gehen wir zur Staatsanwaltschaft.“ Eine solche „wenn-dann-Verknüpfung“ hatte es nicht gegeben. Dass die Klägerin für sich davon ausgegangen war, dass bei Weigerung die Anzeige erfolgte ist irrelevant. Wichtig für eine Drohung ist, dass der Drohende den Eintritt eines zukünftigen Übels bekundet und dass der Bedrohte der Ansicht ist, der Drohende kann und wird das Übel auch herbei führen. HIer fehlte es am „Bekunden“.
Doch was wäre, wenn der Arbeitgeber in diesem Fall wirklich gedroht hätte? Das LAG hat auch dazu Ausführungen gemacht: Selbst dann hätte es sich im vorliegenden Fall nicht um eine widerrechtliche Drohung gehandelt, die zu einer Anfechtung berechtigen würde. Die Taten der Klägerin standen im engen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis. Es ist daher durchaus legitim über eine Strafanzeige nachzudenken. Der Arbeitgeber hätte sich mit dem Aufhebungsvertrag auch keinen ihm nicht zustehenden Vorteil verschafft. Er hätte hier sogar fristlos kündigen können. Demgegenüber ist der Aufhebungsvertrag für die Klägerin sogar noch milder.