26 Jun
2014

Auf den Hund gekommen – Aber nicht am Arbeitsplatz!

Tierliebe ist ja was Feines, doch darf man seinen Hund mit an den Arbeitsplatz bringen? „Kommt darauf an“, würde ich sagen. „Geht – in dem Fall- gar nicht“, sagte das LAG Düsseldorf (24.3.2014, 9 Sa 1207/13) in dem nachfolgend beschriebenen Fall. Das Urteil ist unbedingt lesenswert. Die trockene, sachliche Art, in der Urteile nun mal geschrieben werden, unterstreicht sehr schön die real-satirische Komponente. Der Fall zeigt aber auch, dass es Arbeitgeber gibt, die wirklich alles möglich zu machen versuchen und dennoch nur auf Unverständnis beim Arbeitnehmer stoßen. Zum Glück gibt es da die „Sicht von außen“ durch das Gericht, denn in dem nachstehend beschriebenen Fall hat der Arbeitgeber sich teilweise bestimmt gefragt, ob er im falschen Film steckt:

Eine Arbeitnehmerin einer Werbeagentur war persönliche Assistentin und „Vorzimmerdame“ der Geschäftsleitung. Das Ganze seit 16 Jahren. Seit 2009 brachte sie ihren dreibeinigen Hund mit ins Büro. Auch andere Kollegen brachten ihre Hunde mit. Grundsätzlich hatte der Arbeitgeber also nichts gegen die Tiere. Tiere werden ja auch zu Therapiezwecken eingesetzt und sind oft Freund und Helfer. Vielleicht setzen sie auch Kreativität frei. Jedenfalls schienen sie – bisher- den Arbeitgeber und die Kollegen wenigstens nicht zu stören.

Nun war der Hund der Klägerin aber nicht recht sozialverträglich. Er fügte sich nicht ins Team – der Hunde und Menschen in diesem Büro – ein. Er knurrte und bellte.

Die Klägerin fütterte ihn im Büro.

Dem Vorzimmer zur Geschäftsleitung.

Also dem Ort, in dem auch Gäste empfangen werden. (Ja, schütteln Sie ruhig mit dem Kopf – ich mache das auch, während ich mir den Bauch vor Lachen halte und dankbar bin für diese Geschichte, die nur das Leben schreiben konnte.)

Doch es kommt noch besser. Der Arbeitgeber hatte offensichtlich ein Gemüt, wie ein Bernhardiner. Es fand im April 2011 ein 360-Grad-Feedback statt. Es ging also sehr demokratisch zu. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschwerten sich über den Hund. Es wurde sehr vorsichtig formuliert, dass sich die Klägerin ihrer „Stellung als Vorzimmer der Geschäftsleitung“ bewusst sein solle. Schließlich sei sie nebst ihrem Arbeitsplatz das Aushängeschild des Unternehmens und es müsse immer sauber und ordentlich dort sein und der Hund solle die Gäste nicht anknurren oder -bellen. Auch solle er besser nicht im Büro gefüttert werden. Wohl gemerkt: Das kam von den Kollegen und vom Arbeitgeber gemeinsam. Alle in diesem Büro hatten – mit Verlaub aber zum Thema passend – die Schnauze voll.

Schließlich beschloss man als mittelfristiges Ziel, dass der Hund sich sozial kompatibel verhalten solle und wollte dafür einen Hundetrainer engagieren, der ins Büro kommen sollte. All das fruchtete nicht. Der Hund knurrte und bellte weiter. Somit erteilte man der Arbeitnehmerin Mitte November die Weisung, dass sie ab 1.12.2011 den Hund nicht mehr mitbringen dürfe. Man gebe ihr 14 Tage Zeit, damit sie eine Betreuung für den Hund finden könne. Die Frau klagte. Sie fühlte sich diskriminiert und ungleich behandelt. Die anderen Kollegen dürften schließlich auch ihre Hunde mitbringen. Sie beantragte, ihren Hund mit ins Büro bringen zu dürfen. Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, beantragte sie, dass sie mit dem Hund und dem Leiter der Polizeihundestaffel an einem Tag von 9-18 Uhr das Büro betreten dürfe und dort Unterweisungen bekommen könne, wie sie den Hund zu führen habe, hilfsweise beantragte sie, den Hund im Büro in einem Gitterlaufstall halten zu dürfen.

Geht´s noch?!

Der Arbeitgeber hielt dem entgegen, dass die Hunde der anderen Mitarbeiter sich sozialverträglich verhielten. Der Hund der Klägerin sei aber so aggressiv, dass er niemanden ins Büro ließe. Das führe dazu, dass die Tür geschlossen bleiben müsse und Unterlagen nur unter der Tür durch geschoben werden könnten oder direkt bei der Geschäftsleitung abgegeben werden müssten. Der Hund hat Mitarbeiter/Gäste zähnefletschend angeknurrt und sei schnell auf zahlreiche Besucher (Mitarbeiter und Gäste) zu gerannt. Einige Menschen trauten sich nun gar nicht mehr in diese Etage. Einer der Geschäftsführer ist bei dem Hund besonders unbeliebt, so dass er das Zimmer seiner Sekretärin gar nicht mehr betreten konnte. NB: die Frau war die Vorzimmerdame der Geschäftsleitung!

Die Klägerin hatte hingegen keinerlei Einsicht oder gar Unrechtsbewusstsein: Die anderen seien schuld. Sie trügen die falschen Schuhe und raschelten mit Papier. Na so was aber auch! Mit Papier rascheln! Im Büro! Wo gibt´s denn das! Kein Wunder, dass der Hund da austickt!

Das Arbeitsgericht hatte umfassend Beweis erhoben und Zeugen befragt. Die Zeugen waren glaubwürdig und haben das Verhalten des Hundes als sehr aggressiv und bedrohlich geschildert. Sie hätten sich sehr vor dem Hund gefürchtet und auch Gespräche mit der Klägerin haben zu keiner Änderung geführt.

Folgerichtig haben beide Instanzen die Klage vollumfänglich abgewiesen. Unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt haben die Klägerin einen Anspruch auf Zutritt zum Büro in Begleitung des Hundes. Dieser konkrete Hund gehört nicht ins Büro. Es finde auch keine Ungleichbehandlung statt, denn es gäbe schwerwiegende sachliche Gründe, die gegen den Hund sprechen und alle Versuche, dem Wunsch der Klägerin nach Nähe zu ihrem Dreibeiner nachzukommen, seien fehlgeschlagen. Der Hund sei nicht erziehbar. Hundetrainereinsatz und Gespräche mit der Klägerin haben nichts gebracht. Somit durfte der Hund aus dem Büro entfernt werden.

FAZIT: Eine Frage bleibt: Warum hat man ihr nicht gekündigt?

TIPP: Wer noch ein bisschen weiterlachen möchte, dem empfehle ich Kirsten Fuchs „Gassi gehen“ – gibt es im Internet auch zum anhören oder in dem Buch „Eine Frau spürt sowas nicht“

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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