15 Aug
2011

Ärgern ist Energieverschwendung

Die Überschrift bezieht sich auf „sich über etwas ärgern“ und „andere ärgern“. Beides halte ich für reine Energieverschwendung. Wenn Mandanten wegen eines Konfliktes am Arbeitsplatz in meine Kanzlei kommen, dann haben sie sich in der Regel schon geärgert. Nun tun sie es weiter und wollen obendrein, dass ich „den/die andere/n“ für sie ärgere. Ich soll also „Stunk“ machen und dem anderen mal zeigen, was eine Harke ist. So!

Was ist zu tun? Ich schaue mir zunächst an, wie es dem Mandanten geht. Dann frage ich, was genau ihn so aufregt, ärgert, gar krank macht. Schnell kommen wir dann auf der emotionalen Ebene – Mitarbeit vorausgesetzt – an tieferliegende Gefühle. Alte Bekannte: Angst, Ohnmacht, Hilflosigkeit kommen zum Vorschein. Die gehören zu einer Krise ganz einfach dazu und sie zu ignorieren bringt gar nichts. Diese Gefühle „wollen“ gesehen und ernst genommen werden. Das tue ich auch. Ich kann mitfühlen, wie es demjenigen in der konkreten Situation geht. Auf der sachlichen Ebene schaue ich dann, was juristisch dran ist an dem ganzen Ärger. Oft ist gefühltes Leid jedoch nicht jusiziabel. Das soll heißen: Es geht jemandem schlecht und die Situation ist für die betreffende Person nicht zum aushalten oder macht sie sogar krank. Juristisch ist es aber weder als Mobbing noch als eine andere, tragfähige Rechtsverletzung zu bezeichnen oder es könnte sich zwar um Mobbing handeln, von einer gerichtlichen Verfolgung ist aber wegen schlechter Beweislage abzuraten. Manche Mandanten wollen dann, dass ich „den anderen“ dann auf jeden Fall noch ein bisschen ärgere. Böse Briefe schreibe und so. Ich halte davon nichts, weil es nichts bringt. Dem Mandanten bringt es von allen am wenigsten. Er befasst sich weiter mit seinem Ärger, ohne sich anzusehen, warum er sich eigentlich so schlecht fühlt. Die oben genannten Gefühle werden durch sinnlose Ärger-Aktionen nämlich eifrig ignoriert. Ich schlage daher folgendes vor:

Erst mal mit Hilfe von Anwalt und Therapeut/Coach sortieren, was auf der Gefühlsebene und was auf der Sachebene los ist und sich dann um beide Ebenen ernsthaft kümmern.

Juristisch ist dann geklärt, ob und wenn ja wie der Konflikt in Paragraphen umgerechnet werden kann. Der Anwalt kann einschätzen, ob ein Arbeitsverhältnis zu Ende geht oder ob es sich um einen Konflikt handelt, den man konstruktiv durch Gespräche lösen kann, so dass es bei dem Arbeitgeber eine Zukunft gibt. Für beide Varianten, können saubere und faire Lösungen und Vorgehensweisen entwickelt werden. Die Motivation „ärgere den anderen, weil er mich geärgert hat“ hilft dabei nicht weiter. Sie ist Energieverschwendung.

Die Gefühlsebene muss mit Hilfe eines Therapeuten oder Coach ebenfalls angeschaut werden. Es ist nämlich sinnvoll, zu schauen, warum einen der Konflikt so aus der Bahn getragen hat, was die eigenen Anteile und Muster sind und wie man denen in Zukunft besser begegnen kann. Ich weiß, dass viele Menschen sich diesen Teil lieber sparen würden aber es geht leider nicht ohne ihn. Wenn man sich diesen Teil nicht ansieht, wird man immer wieder in die gleichen Fallen tappen. Auch das ist Energieverschwendung.



von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Karriereberatung

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