24 Jul
2014

Arbeitnehmer versteht kein Deutsch: Arbeitsvertrag in deutscher Sprache zulässig

Das Bundesarbeitsgericht hat am 19.3.2014 (5 AZR 252/12) in seinem Urteil mehrere Fragen über Arbeitsverhältnisse mit Auslandsberührung entschieden. Eine soll hier vorgestellt werden, die sicherlich viele Arbeitgeber immer wieder beschäftigt: Muss einem Arbeitnehmer, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ein Arbeitsvertrag in seiner Muttersprache vorgelegt werden oder gilt der Arbeitsvertrag in deutscher Sprache auch dann, wenn er Arbeitnehmer keinen blassen Schimmer von Deutsch hat und den Vertrag praktisch „blind“ unterschreibt?

Ein Protugiese heuerte bei  einen deutschen Fuhrunternehmenr als Kraftfahrer für internationale Transporte an. Die Vertragsverhandlungen über die monatliche Vergütung und die Spesen wurden in portugiesischer Sprache geführt. Der Arbeitsvertrag war in deutsch abgefasst. In dem Vertrag war, wie in Deutschland üblich, auch eine Ausschlussfrist (Anspruchskiller) enthalten, nach der alle gegenseitigen Ansprüche verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Für den Fall der Ablehnung oder Nicht-Äußerung der anderen Seite innerhalb eines Monats war eine weitere Frist von 2 Monaten für die gerichtliche Geltendmachung vorgesehen. Diese Standard-Klausel in deutschen Arbeitsverträgen, die zur Freude vieler Arbeitgeber immer noch nur den wenigsten Arbeitnehmern bekannt ist, war dem portugiesischen Arbeitnehmer natürlich gänzlich unbekannt. Er machte Ansprüche für Dezember 2010 erst im April 2011 geltend. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab. Beim BAG hatte der Arbeitnehmer insoweit Erfolg, als das BAG den Fall zur erneuten Entscheidung an das LAG zurückverwiesen hat. Das LAG hatte nicht in ausreichendem Maße geprüft, ob wirklich deutsches Recht anwendbar ist. Zwar waren beide streitende Parteien davon ausgegangen, dass dies der Fall sei. Es war auch eine Rechtswahl getroffen worden. Das LAG hatte jedoch nicht geprüft, ob die Wahl deutschen Rechts wirksam war, denn sie darf dem Arbeitnehmer nicht den Schutz entziehen, den die zwingenden Vorschriften des Rechts ihm bieten würden, das gelten würde, wenn keine Rechtswahl getroffen wurde. Es muss also ein Güstigkeitsvergleich gemacht werden und vorher das Recht bestimmt werden, dass ohne Rechtswahl eigentlich gegolten hätte. Das muss das LAG nun noch erledigen.

Das BAG hat aber für den Fall, das tatsächlich deutsches Recht anzuwenden ist, entschieden, dass ein Arbeitsvertrag in Deutschland immer in deutscher Sprache abgefasst werden darf. Es ist keine Pflicht des Arbeitgebers, den Arbeitsvertrag zu übersetzen in eine Sprache, die der Mitarbeiter versteht. Der Vertrag gilt als zustande gekommen, wenn der Arbeitnehmer ihm zustimmt. Er trägt das Risiko, dass er auch nur das unterschreibt, was er verstanden hat. Wäre es nicht so, so müsste der Arbeitgeber immer erst sicherstellen, dass der Arbeitnehmer eine Vertragsklausel auch wirklich verstanden hat, bevor der Vertrag zustande kommt. Das würde für erhebliche Rechtsunsicherheit sorgen.

Exkurs: Etwas anderes gilt bei Arbeitnehmerüberlassung. Dort muss der Verleiher dem Leiharbeitnehmer einen Arbeitsvertrag auch in dessen Muttersprache vorlegen – § 11 Abs. 2 Satz 2 AÜG.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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