14 Feb
2013

Altersdiskriminierung bei der Suche nach „Berufsanfängern“

Ein 36-jähriger Rechtsanwalt mit langjähriger Berufserfahrung bei einer Rechtsschutzversicherung und als Anwalt bewarb sich auf die Stellenausschreibung eines öffentlich rechtlichen Krankenhausträgers in Berlin auf folgende Stellenausschreibung:

„Die C. hat in den kommenden Jahren einen relevanten Bedarf an Nachwuchsführungskräften. Um diesen abzudecken, gibt es ein spezielles Programm für Hochschulabsolventen/Young Professionells: Traineeprogramm an der C. Dabei sollen jährlich zunächst zwei Hochschulabsolventen rekrutiert und dem Programm „C“ zugeführt werden. Da es sich per definitionem um Berufsanfänger handelt, stehen neben den erworbenen Fähigkeiten vor allem die persönlichen Eigenschaften im Mittelpunkt.“ (Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 5/13, Urteil vom 24.1.2013, Az.: 8 AZR 429/11)

Als Abschlusssatz war noch vermerkt, dass Frauen bei gleichwertiger Eignung im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten voranging berücksichtigt werden sollten.

Er bekam die Stelle nicht sondern erhielt eine Absage. Es wurden eine Frau und ein Mann eingestellt. Der Kläger verlangte Schadensersatz wegen Diskriminierung aufgrund des Alters und des Geschlechts. Das LAG Berlin-Brandenburg (Urt. v. 14.01.2011 – 9 Sa 1771/10) hatte, wie auch das Arbeitsgericht zuvor, die Klage vollumfänglich abgewiesen. Eine Benachteiligung möge zwar vorgelegen haben, sei aber nicht wegen des Alters oder des Geschlechts erfolgt. Das LAG prüfte zunächst eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass die Stellenausschreibung allein, nach der Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt werden sollten, kein Indiz und damit keine Vermutung für eine Diskriminierung liefere. Dazu muss man wissen, dass nach § 11 AGG eine Stelle nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG ausgeschrieben werden darf. In § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 AGG ist geregelt, dass niemand aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauunjg, einer Behinderung, des Alters oder wegen der sexuellen Identität benachteiligt werden darf. Daher gilt bei Stellenausschreibungen nach dem Motto „Suche junge Verkäuferin“ die Vermutung, dass eine Diskriminierung älterer und männlicher Bewerber vorliegt. Das gilt jedoch nicht, wenn sich der Arbeitgeber bei der Stellenausschreibung an gesetzliche Vorgaben hält. So war es im vorliegenden Fall. Der Arbeitgeber habe die Stelle gesetzeskonform ausgeschrieben. Denn im Landesgleichstellungsgesetz des Landes Berlin fand sich genau diese Formulierung, nach der Frauen bei gleicher Eignung bevorzugt werden sollten. Damit war dieser Diskriminierungsgrund vom Tisch. Auch für das Bundesarbeitsgericht.

Das Bundesarbeitsgericht war jedoch, was die Frage der Altersdiskriminierung angeht, anderer Ansicht als das LAG Berlin-Brandenburg. Das LAG sah eine Diskriminierung. Es sah auch, dass die Stellenausschreibung die Vermutung einer solchen nahe lege. Jedoch sah es die Diskriminierung als gerechtfertigt an, weil der Arbeitgeber legitime Ziele verfolge. Er habe gerade deshalb junge Mitarbeiter gesucht, weil er diese unter Einsatz von nicht wenig finanziellen Mitteln (Trainees kosten in der Regel erst mal und es dauert eine ganze Weile, bis diese Kosten wieder „eingespielt“ werden.) formen und auf sich als Arbeitgeber „prägen“ und langfristig an sich binden wolle (stark verkürzt und holzschittartig dargestellt.) Das Traineeprogramm sei eher ein (bezahltes) Praktikum, das die Ausbildung komplettieren sollte und sich üblicherweise an die Hochschulausbildung anschließe.

Diese Argumentation leuchtet indessen nicht ein. Warum soll ein 36-jähriger oder noch älterer Mensch sich nicht noch einmal in einem speziellen Bereich ausbilden und an einen bestimmten Arbeitgeber binden lassen? Gerade in Bereichen, die derart vielschichtig sind, wie die Juristerei (aber auch andere Fachbereiche) gibt es immer Möglichkeiten, noch einmal ganz neue Gebiete zu lernen. Diese Argumentation hat denn auch das Bundesarbeitsgericht nicht überzeugt. Der Arbeitgeber hatte aber noch ein Ass im Ärmel, das das LAG nicht prüfen musste, weil es schon vorher zu einer Rechtfertigung des Diskriminierung gekommen war. Der Arbeitgeber hatte vorgetragen, dass der Kläger zu schlechte Noten gehabt habe und man nur die besten Bewerber überhaupt eingeladen und dann auch die beiden Top-Kandidaten eingeladen hatte. Der eingestellte Mann habe Platz 1 und die eingestellte Frau Platz 2 belegt. Da sei kein Platz für den Kläger gewesen. Das Bundesarbeitsgericht hat die Sache daher zur erneuten Verhandlung und Sachaufklärung an das LAG zurückverwiesen. Es gab dem LAG mit auf den Weg, dass der Arbeitgeber Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG als öffentlicher Arbeitgeber die Stellen nach Eignung und Befähigung zu besetzen habe. Wenn es also dem Arbeitgeber in diesem Fall gelingt, nachzuweisen, dass wirklich nur die besten Bewerber eingeladen und schließlich auch eingestellt wurden, dann ist er aus dem Schneider und der Kläger geht leer aus.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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