26 Aug
2013

Trennungsmanagement, Abfindung und „Ich will nur, was mir zusteht.“

Im Zusammenhang mit dem Wunsch nach Beendigung eines Arbeitsverhältnisses steht seitens des Arbeitnehmers in der Regel der Wunsch nach einer möglichst hohen Abfindung. Wie man zu dieser kommt und welche Argumente sich für den Arbeitgeber für die Zahlung einer Abfindung finden lassen, soll hier skizziert werden.

In diesem Magazin wurde die Problematik „die Chemie stimmt nicht mehr“ schon des Öfteren behandelt. Es gibt Situationen im Arbeitsleben, in denen beide Seiten merken, dass es so nicht weiter gehen kann. Als Arbeitgeber hat man keinen richtigen Kündigungsgrund und als Arbeitnehmer ist man ebenfalls Zwängen unterworfen, etwa, weil das Betriebsklima um einen herum sich dramatisch verschlechtert hat. Man geht nicht mehr gern zur Arbeit, wird ggf. krank. Beide Seiten sitzen fest. Jetzt ist zu beobachten, dass bei beiden Seiten die Frustration zunimmt aber man nicht weiß, wie sich die Situation lösen lässt. Macht eine der beiden Seiten einen Vorstoß, ist die andere Seite über die unverschämte Höhe (wenn das Angebot vom Arbeitnehmer kommt) oder die geradezu an seelische Grausamkeit grenzende „Tiefe“ (wenn das Angebot vom Arbeitgebern kommt) des Angebots empört.

Arbeitnehmer bringen bei ihrer Forderung nach Abfindung meistens folgende drei Argumente:

1. Ich will nur, was mir zusteht.

2. Ich habe jahrelang treu gedient.

3. Der Arbeitgeber kann es sich leisten. Dem geht es wirtschaftlich hervorragend.

Arbeitgeber halten dem entgegen:

1. Zustehen tut Dir schon mal gar nichts.

2. Dafür, dass Du treu gedient hast, hast Du auch jeden Monat Dein Geld bekommen.

3. Es ist vollkommen egal, wie gut es mir geht. Der Arbeitnehmer hat daraus noch lange keinen Anspruch.

In diesen Aussagen stecken viele Emotionen und teilweise irrationale Argumente, die es sich zu analysieren lohnt.

Richtig ist, dass dem Arbeitnehmer in der Regel keine Abfindung zusteht. Es ist ein weit verbreitetes Vorurteil, dass es so etwas wie einen Abfindungsanspruch gibt. Wenn aber nichts im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag geregelt ist (was höchst selten vorkommt), hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch. In der Aussage „jahrelang treu gedient“ steckt neben einer einseitigen Wahrnehmung (siehe Einwand des Arbeitgebers) auch der Wunsch nach Anerkennung und gesehen werden. Ja es klingt platt aber es ist so. Oft wachsen die Vorstellungen des Arbeitnehmers von der Höhe einer Abfindung dabei in den  Himmel.

Bei der nun eintretenden Verhandlung um eine vernünftige Beendigungslösung gilt es erst einmal die juristischen Möglichkeiten zu ermitteln. Der Arbeitgeber zahlt schließlich nicht, weil er zuviel Geld hat. Er zahlt, weil er eine schnelle, rechtssichere Lösung für ein Problem haben möchte. Dabei wird er die juristischen Möglichkeiten des Arbeitnehmers ebenso im Auge behalten müssen, wie seine eigenen. Wichtig ist dabei, einzukalkulieren, dass ein Gerichtsprozess beide Seiten viel Geld Zeit und Nerven kostet. Dennoch muss man wissen, wann man den Bogen überspannt, d.h., wie weit man gehen kann, bis der andere die ungeliebte Möglichkeit des Gerichtsprozesses einer außergerichtlichen schnellen Einigung vorzieht. Dann nämlich, wenn es für ihn zu teuer wird und/oder wenn der andere ihn zu sehr gereizt/verletzt hat. Solche Verletzungen gilt es neben den rein juristischen Fakten unbedingt zu ermitteln und auszuräumen, damit man wieder zu einer sachlichen Ebene zurückfindet und den anderen in seinem Handeln besser verstehen kann. Bei der Erörterung der juristischen Möglichkeiten muss unbedingt auch im Auge behalten werden, welche sonstigen Konsequenzen ein langer Gerichtsprozess hat. Durch die umfassende Analyse all dieser Faktoren kann man ermitteln „Was für mich an Abfindung wirklich sachlicherweise drin ist.“ und nicht „Was steht mir zu“. Aus Arbeitgebersicht lässt sich so ebenfalls sachlich ermitteln, was man zahlen sollte, wenn man eine schnelle Lösung haben will. Wenn man die gegenseitigen verdeckten Emotionen auch bereit ist zu beleuchten, kann man durch das Gewinnen von Verständnis für den anderen auch zu einer Haltung gelangen, aus der heraus es nicht mehr ganz so weh tut, zu zahlen bzw. weniger als erwartet zu bekommen.

Fazit: Trennung muss umfassend analysiert werden. Dazu gehören beide. Bockiges beharren auf vermeintlichen Ansprüchen führt eher zu Verhandlungsstillstand.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Arbeitswelt heute Blog

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