25 Okt
2010

3 Wochen Klagefrist jetzt auch bei falsch berechneter Kündigungsfrist

von Dr. Sandra Flämig – Rechtsanwalt – Fachanwältin für Arbeitsrecht – Stuttgart und Rechtsanwalt Christian Vogler – Stuttgart

Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben. Und wer zu spät klagt, dessen Kündigung wird wirksam (§ 7 KSchG) ganz gleich, ob der Arbeitgeber einen plausiblen Grund für die Kündigung hatte oder nicht.

Arbeitnehmer müssen innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Ziel ist die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Versäumen Arbeitnehmer diese Frist, fingiert der Gesetzgeber, dass die Kündigung von Anfang an rechtswirksam ist. Soweit nichts Neues.

Gilt diese kurze Frist aber auch dann, wenn der Arbeitgeber die Kündigungsfrist zu kurz, berechnet hat und sich der klagende Arbeitnehmer „nur“ gegen die zu kurze Kündigungsfrist wendet und „nur“ für den Zeitraum der längeren Kündigungsfrist noch Vergütung beanspruchen möchte?

Dazu gibt es ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 01.09.2010.

Das Bundesarbeitsgericht weicht darin von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Es wird noch strenger in punkto Klagefrist!

Bislang galt, dass Arbeitnehmer die 3-Wochen-Frist nur beachten müssen, wenn sie sich gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sich wenden wollen. Die Frist galt nicht, wenn es nur um die Beachtung der Kündigungsfristen ging (Arbeitnehmer geht von der Wirksamkeit der Kündigung aus; er will geltend machen, dass sie zu einem späteren Endtermin wirkt und verlangt für diese Phase noch Vergütung).

In Folge dessen musste nach bisheriger Rechtsprechung eine Klage auf ausstehende Vergütung für die verbleibende längere Kündigungsfrist des Arbeitsverhältnisses NICHT innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden. Für solche Vergütungsklagen galten nur die ebenfalls zum Teil recht kurzen Ausschlussfristen oder im besten Fall eine dreijährige Verjährung.

Genau darum ging es in dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall:

Der Arbeitgeber hatte am 22.4.2008 zum 31.7.2008 gekündigt. Die richtige Kündigungsfrist ging aber bis zum 30.9.2008. Der Arbeitnehmer klagte im November 2008 Lohn für August und September 2008 ein.

Gegen die Unwirksamkeit der Kündigung vom 22. April 2008 „an sich“ wandte sich der Kläger nicht, denn dies war nicht sein Klageziel.

Der fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts hebt hervor, dass die Kündigungsfrist in der Tat bis zum 30.9.2008 hätte laufen müssen. Das Bundesarbeitsgericht betont allerdings, dass die ausdrücklich zum 31. Juli 2008 erklärte Kündigung weder nach ihrem Inhalt noch nach sonstigen Umständen als eine Kündigung zum 30. September 2008 ausgelegt werden könne. Das Gericht kommt zum Ergebnis, dass der Kläger in diesem Fall die richtige Kündigungsfrist (30.9.2008) binnen 3 Wochen nach Zugang der Kündigung hätte gerichtlich geltend machen müssen.

Andere Senate des Bundesarbeitsgerichts waren bislang der Auffassung, eine ordentliche Kündigung sei in der Regel dahin auszulegen, dass sie das Arbeitsverhältnis zum richtigen Termin beenden soll. Dies gelte selbst bei eindeutigem Wortlaut. Warum der fünfte Senat nun anders entschieden hat, ist schwer nachvollziehbar.

Sie sollten daher immer nach Erhalt einer Kündigung frühzeitig Rechtsrat einholen, um gemeinsam das Klageziel zu erarbeiten (Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung oder Feststellung der unrichtigen Klagefristen, Begehren von Vergütung).

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von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht

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