Mobbing

Mobbing – viele kleine Nadelstiche

Der Begriff Mobbing hat sich eingebürgert für

  • langandauernde und systematische Schikanen,
  • Diskriminierungen,
  • Anfeindungen,
  • Ausgrenzungen

und

  • ähnliche Verhaltensweisen.
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Der Begriff Mobbing wird dabei aber auch überstrapaziert:

  • nicht jeder „schiefe Blick“ von Kollegen oder Vorgesetzten,
  • nicht jeder „Rüffel“ vom Chef ist gleichzeitig auch Mobbing.

Definition des Bundesarbeitsgerichts

Das Bundesarbeitsgericht definiert Mobbing als

  • „systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte“.

In seinem Urteil vom 25.10.2007 geht das BAG noch weiter und verfeinert die Definition, in dem es auf Begriffe, die im Allgemeinen Gleichbehandlungegsetz definiert sind, zurückgreift.

Mobbing liegt danach dann vor,

  • wenn das Verhalten des Schädigers bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Erniedrigung, Entwürdigung oder Beleidigung gekennzeichnetes Umfed geschaffen wird.

Die Systematik ist dadurch gekennzeichnet, dass zwischen den einzelnen Anfeindungen, Schikanen etc. eine zeitliche Nähe liegt.
Alle paar Wochen mal ein schiefer Blick ist kein Mobbing! Bei Mobbing geht es also um die

Zusammenfassung mehrerer zeitlich zusammenhängender Einzelakte zu einer Verletzungshandlung.

Da es sich oft um versteckte Anspielungen und subtiles Verhalten handelt, ist es für Betroffene schwer, ein Verhalten als Mobbing zu identifizieren. Oft dauert es monatelang, bis sich der Betroffene darüber klar wird, dass es sich um Mobbing handelt. Viele Betroffene schämen sich und machen ihr Problem nicht öffentlich. Die Folge sind die vielfältigsten Formen von Erkrankungen – vor allem psychische Erkrankungen.

Man sollte es nicht so weit kommen lassen.

Schweigen und Verstecken – Keine Lösung – Verbrannte Erde

Doch das Schweigen/Verstecken hat noch weitere Nachteile:

  • Wenn Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber nicht genau beschreiben, was Ihnen widerfährt, dann können Sie sich auch nicht auf die Verletzung der Fürsorgepflicht berufen.
  • Außerdem haben Sie das Problem der Beweisbarkeit. Wenn Sie erst nach Monaten oder gar Jahren versuchen, zu rekapitulieren, was geschehen ist, wird Ihnen das ziemlich schwer fallen.
  • Je länger Sie warten, um so größer wird die Gruppendynamik – plötzlich werden Sie nicht nur von einem gepiesackt, sondern weitere Kollegen gesellen sich dazu; aus Angst oder aus was für Motiven auch immer – es zieht Kreise über Ihre Abteilungsgrenzen hinweg.
  • Schließlich verbauen Sie sich, je länger Sie warten, die Versetzungsmöglichkeit in andere Abteilungen, weil Sie die Person sind, „die schon immer Probleme macht“. Niemanden interessiert mehr, wie es dazu kam. Ein Gerücht ist entstanden und die Rehabilitation Ihrer Person wird immer schwieriger.

Vorbereitung eines Prozesses

Mobbing-Betroffenen wird daher zur Vorbereitung von Prozessen in der Regel geraten:

  • Schreiben Sie sich zeitnah auf, was geschehen ist mit Datum, Uhrzeit, handelnden Personen und Handlung. So können Sie nicht nur herausfinden, ob Sie wirklich gemobbt werden, so haben Sie später auch einen Beweis. Vor Gericht müssen Sie ja aus vielen Einzelhandlungen einen Gesamtverlauf darlegen und beweisen können.
  • Falls möglich, sichern Sie Beweise (Emails etc.) und bitten Sie Zeugen, Ihnen schriftlich das Geschehene zu bestätigen. Später erinnern sich Zeugen oft nicht mehr.

ACHTUNG: Heimlich aufgezeichnete Gespräche sind nicht nur als Beweis untauglich. Sie machen sich mit der heimlichen Aufzeichnung auch strafbar.

Das Bundesarbeitsgericht hat in jüngster Zeit eine Entscheidung getroffen, die Mobbing-Betroffenen ein wenig hilft. Aus Sicht von Beratern ist das BAG jedoch zu kurz gesprungen.

BAG-Urteil: Hilft ein wenig. Genügt aber nicht.

Viele Arbeitsverträge enthalten kurze Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen. Das BAG hat im Mai 2007 (8 AZR 709/06, www.bundesarbeitsgericht.de ) entschieden, dass in Mobbingfällen die Ausschlussfrist erst mit der letzten Handlung beginnt.

Die Entscheidung enthält darüber hinaus weitere bedeutsame Ausführungen.

Schadenseratz- und Unterlassungsansprüche wegen Gesundheits-, Eigentums- und Persönlichkeitsrechtsverletzung können nun geltend gemacht werden, auch wenn einzelne Schikanen länger zurückliegen. Das Persönlichkeitsrecht ist bei Mobbing stark betroffen, denn unwahre Behauptungen, herabsetzende, entwürdigende Äußerungen und Verhaltensweisen verletzen dieses Recht.

Es wäre daher, so das BAG, widersprüchlich, wenn man einerseits von einem Gesamtprozess spricht und andererseits bei der Ausschlussfrist an die einzelne Mobbinghandlung anknüpft.

Kritik am Urteil des BAG

Der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kommt in Mobbingprozessen eine besondere Bedeutung zu. Aus ihr ergibt sich die Verpflichtung des Arbeitgebers, seine Arbeitnehmer vor Verletzungen ihrer Persönlichkeitsrechte zu schützen. Aus Sicht des BAG muss der Arbeitgeber aber nur für das Verschulden des Mobbers einstehen, wenn dieser hierarchisch über dem Betroffenen steht. Bei Angriffen auf gleicher Ebene soll der Arbeitgeber dagegen nicht haften. Dies widerspricht der allgemeinen Ansicht in Rechtsprechung und Fachliteratur. Denn der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer vor Schädigungen durch Kollegen oder Dritte schützen. Die Ansicht des BAG wird auch nicht durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gedeckt. Danach muss der Arbeitgeber bei Diskriminierung zwischen Kollegen Maßnahmen zu ergreifen, die die Diskriminierung beenden.

Kritisch beurteilt das BAG die Positionen des LAG Thüringen hinsichtlich der Beweislast. Grundsätzlich gilt: wer etwas haben möchte, trägt die Beweislast. Für das LAG Thüringen genügen mobbingtypische medizinische Befunde als Indiz für die Richtigkeit der Behauptungen.

Eine Beweislastumkehr kommt laut BAG hingegen nur in Betracht, wenn der Schädiger gegenüber dem Geschädigten einen deutlichen Informationsvorsprung hat. Beweisnot und fehlenden Aussagebereitschaft von Zeugen genügen nicht.

Entsprechend gilt für die Frage der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Mobbingfolgen: ein ärztliches Attest beweist noch nicht, dass ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten die Erkrankung verursacht hat.

Mobbingbetroffene und ihre Berater werden also weiterhin mit Beweisschwierigkeiten zu kämpfen haben. Dies bleibt unbefriedigend.

Die Lösung ohne Gericht

Sollten Sie das Gefühl haben, dass es sich in Ihrem Fall um Mobbing handelt, suchen Sie Beratung von außen und treten Sie strukturiert an den Arbeitgeber heran. Ihre Berater (Rechtsanwalt, Coach und ggf. Therapeut) helfen Ihnen dabei, so sachlich wie möglich Ihr Anliegen vorzutragen. Die Sachlichkeit ist extrem wichtig. Tränen, Wutausbrüche, Zurück-Beleidigungen und ähnliche Emotionen sind menschlich absolut verständlich aber im direkten Kontakt mit dem Arbeitgeber tabu.

Zu einer gut strukturierten Mobbingberatung gehören 3 Berater, die im Idealfall zusammenarbeiten:

  • Ihr Arzt/Therapeut,
  • Ihr Konfliktberater/Coach

und

  • Ihr Anwalt.

Mobbing ist zu vielschichtig, als dass eine dieser 3 Personen allein die für Sie „rundherum“ optimale Lösung finden könnte.

Wenn man durch die Beratung mit Anwalt, Coach und Arzt herausgefunden hat, dass es bei dem bisherigen Arbeitgeber keine Zukunft mehr gibt oder dass einem ist es aus meiner Sicht ist es sinnvoller, die Energie in eine Exitstrategie zu stecken, anstatt einen Prozess vom Zaun zu brechen. Für Mobbingbetroffene ist es wichtig, dass sie wieder Boden unter die Füße bekommen und Selbstvertrauen aufbauen. Das wird in der alten Struktur nur schwer möglich sein. Daher kann dem Wunsch nach Handlung dadurch Rechnung getragen werden, dass der Betroffene sich darüber klar wird, was er beruflich eigentlich wirklich will. Der jetzige Arbeitgeber ist ja nicht der einzige auf Erden. Es gibt viele Jobs. Betroffen dürfen sich darüber klar werden:

  • Was will ich wirklich?
  • Welche positiven Fähigkeiten/Eigenschaften/Talente habe ich. Objektiv und nicht durch die Brille der Mobber betrachtet.
  • Welchen Anteil habe ich am Mobbing und wie kann ich mein Verhalten ändern, damit mir das nicht wieder passiert?

Reflektion und Analyse sorgen für Nachhaltigkeit

Gerade die letzte Frage ist von zentraler Bedeutung. Sie haben ein Problem. Sie sind in der Nähe dieses Problems. Es hat mit Ihnen zu tun. Sie sind Teil dessen. Auch wenn Sie das nicht hören wollen. Vergessen Sie „Die Schuldfrage“. Darum geht es nicht. „Schuld“ bewirkt Rechtfertigung und führt nur zu einer weiteren Runde im Drama-Dreieck: Täter-Opfer-Retter. Sie sind nicht Schuld. Sie haben einen Anteil daran, den Sie durch Ihr Verhalten und in bester Absicht geleistet haben. Kommen Sie als ersten Ihrem Verhalten auf die Spur. Sehen Sie es ganz klar, so als würden Sie einen Fremden beobachten. Dann fragen Sie sich, was die positive Absicht für dieses Verhalten war. Seien Sie dabei gründlich. Gehen Sie wirklich ganz auf den Grund. Sie werden staunen. Und dann ist es ganz leicht. Wenn Sie wissen, was Ihre wirkliche positive Absicht war, dann wissen Sie auch, wie Sie diese Absicht durch ein anderes (besseres) Verhalten ebenfalls erreichen können.

Wenn Sie diesen Reflektionsprozess weglassen, und Gerichtsprozesses fördern eine Vermeidungstrategie, dann werden Sie immer wieder in dasselbe Muster verfallen und haben keine nachhaltige Lösung für Ihr Problem.

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