Meinungsfreiheit

Meinungsfreiheit im Arbeitsrecht

Die Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, das auch im Arbeitsrecht gilt. Beide Arbeitsvertragsparteien können sich darauf berufen. Es handelt sich also nicht n ur um ein Recht des Arbeitnehmers. Auch der Arbeitgeber darf eine Meinung haben und diese äußern.

Dieses Grundrecht ist nicht nur in Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz zu finden. Die Meinungs- und Kommunikationsfreiheit ist auch durch Art. 10 Menschenrechtskonvention geschützt.

Bildnachweis: margie / photocase.de

Die Freiheit des Einzelnen ist keineswegs unbegrenzt. Sie findet ihre Grenze in den Schutzrechten der „Anderen“. D.h. die Freiheit des einen kann nur so weit reichen, bis sie an die Freiheiten und Rechte eines anderen gelangt. Kommen sich die Freiheit des einen und die des anderen „ins Gehege“ so muss abgewogen werden, wessen Rechte schützenswerter sind.

Bei der Ausübung von Freiheitsrechten müssen die Interessen, die miteinander kollidieren können, verglichen und bewertet werden.

So ist es auch im Arbeitsrecht mit der Ausübung der Meinungsfreiheit. Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer ihre Meinung frei äußern. Sie dürfen dabei nicht gegen Gesetze (insbesondere Strafgesetze) oder arbeitsvertragliche Pflichten (z.B. Loyalitätspflichten) verstoßen. Daher muss in jedem Einzelfall genau geschaut werden, ob es sich um eine zulässige oder um eine unzulässige Äußerung handelt. Nur unzulässige Äußerungen dürfen vom Arbeitgeber sanktioniert werden.

Was gehört alles zur Meinungsfreiheit?

Man darf sich seine Meinung

  • selbst bilden,
  • sie verbreiten und
  • äußern.

Meinungen dürfen polemisch, emotional und überspitzt vorgebracht werden. Es ist also nicht nur der Inhalt einer Äußerung geschützt, sondern auch das „Wie“.

Meinungen sind keine Tatsachen! Das wird oft vergessen. Es ist auch gar nicht so einfach, Meinungen von Tatsachen zu trennen, denn oft haben wir es mit einem Gemisch aus beidem zu tun.

Eine Meinung kann man nicht auf richtig oder falsch überprüfen. Sie entzieht sich der „Beweisaufnahme“ – und das meine ich nicht nur prozessual. Das Problem vieler Streitigkeiten ist, dass jede Seite recht haben will. Wenn man sich aber nur Meinungen um die Ohren hat, gibt es kein richtig und kein falsch. Zumindest nicht im Rechtssinne. Im ethischen, moralischen, gesellschaftlichen, … Sinne kann es meiner Meinung nach (sic!) immer ein „richtig“ oder „falsch“ geben. Doch das ist nur meine Meinung.

Merke:

Eine Meinung ist gekennzeichnet durch

  • subjektive Stellungnahme
  • ein „Dafürhalten“ dessen, der sie äußert
  • kann nicht richtig oder falsch sein – im Sinne von „sachlich nachweisbar“

Tatsachen sind

  • beweisbar
  • objektiv
  • sachlich

Wenn man sich schon darüber streitet, ob eine Äußerung eine geschützte Meinung oder eine Tatsachenbehauptung ist, gibt es immer Auslegungsspielraum. Das Arbeitsgericht muss bei der Auslegung alle denkbaren Bedeutungen in Betracht ziehen. Es hat dabei auch Bedeutungen zu berücksichtigen, die entlasten. Dabei muss man auch den Kontext sehen, in dem die Äußerung steht und die Begleitumstände.

Die Grenzen der Meinungsfreiheit

Von einer pointiert vorgetragenen Meinung, die ggf. polemisch und emotional vorgetragen wird, zur Schmähkritik ist es nur ein kleiner Schritt. Wie eingangs schon gesagt, erfährt „meine“ Freiheit ihre Grenze durch „deine“ Freiheit. Man darf nicht rücksichtslos beleidigen in dem Glauben, man äußere ja nur seine Meinung. Die Meinungsfreiheit wird zum einen durch das Recht der persönlichen Ehre dessen, der mit der Meinung konfrontiert wird, begrenzt. Außerdem findet es eine Grenze in Gesetzen. An erster Stelle sind hier Strafgesetze oder auch das AGG zu nennen. Eine Beleidigung im Sinne des StGB ist nicht von der Meinungsfreiheit geschützt. Auch die sogenannte Schmähkritik nicht.

Die Definition der Schmähkritik liefert das Bundesverfassungsgericht:

Eine Schmähkritik ist dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht Quelle: NJW 2013, 3021, beck-online

Eine weitere Grenze bildet § 241 Abs. 1 BGB. Darin werden die Parteien eines jeden Schuldverhältnisses dazu angehalten gegenseitig Rücksicht zu nehmen.

Exkurs: Politische Äußerungen

Gerade in Zeiten, in denen sogenannte „besorgte Bürger“ unter dem Motto „Das wird man doch mal sagen dürfen“ ihr rechtsextremes Gedankengut bemänteln, stellt sich auch für Arbeitgeber die Frage, ob sie das dulden müssen.

Für private Arbeitgeber gilt: Jeder Arbeitnehmer kann in seiner Freizeit machen, was er will. Er darf sich politisch betätigen und wie auch immer gearteten Extrem-Richtungen folgen. Wenn er dadurch den Betriebsfrieden nicht stört, sind dem privaten Arbeitgeber die Hände gebunden. Erst wenn die politischen Äußerungen und Handlungen eines Mitarbeiters den Betrieb stören, kann der Arbeitgeber handeln.

Anders sieht es bei öffentlichen Arbeitgebern sieht es im Hinblick auf Mitarbeiter mit hoheitlichen Aufgaben anders aus. Hier besteht eher die Möglichkeit, die politische Betätigung einzuschränken. Doch auch hier hängen die Trauben für den Arbeitgeber hoch. Bei Mitarbeitern, die keine hoheitlichen Aufgaben inne haben, gilt dasselbe wie bei Angestellten eines privaten Unternehmens.

Mitarbeiter von Tendenzbetrieben (Zeitung, konfessionelle Bildungseinrichtung etc.) müssen mehr Rücksicht auf ihren Arbeitgeber nehmen. Das Bundesarbeitsgericht (2 AZR 483/07) dazu:

Ein Tendenzträger ist verpflichtet, sowohl bei der Arbeitsleistung als auch im außerdienstlichen Bereich nicht gegen die Tendenz des Unternehmens zu verstoßen. Er hat sich auch außerdienstlich solcher Äußerungen und Handlungen zu enthalten, die der Tendenz des Unternehmens nachhaltig zuwiderlaufen und damit betriebliche Interessen des Unternehmens erheblich berühren. Quelle: NZA-RR 2009, 362, beck-online

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