Auskunftspflichten
Auskunftspflichten bei der Einstellung
Arbeitnehmer sind oft unsicher, was sie bei der Einstellung alles offenbaren müssen und was sie selbst bei Nachfrage durch den Arbeitgeber verschweigen dürfen.
Um es vorweg zu nehmen: die Grenzen, innerhalb derer der Arbeitgeber Auskünfte verlangen, kann sind eng. Es muss immer das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gegen die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers abgewogen werden. Der Arbeitgeber darf also bei seinen Fragen immer nur die konkrete Stelle, auf der der Arbeitnehmer eingesetzt werden soll, im Auge haben und deren Anforderungen abprüfen.
Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers
Die sogenannte Offenbarungspflicht des Arbeitnehmers, bei der dieser von sich aus und ungefragt Auskunft geben muss, besteht nur in sehr begrenzten Maße. Der Arbeitnehmer muss sich äußern, wenn er an der Arbeitsleistung dauerhaft gehindert ist. Zum Beispiel muss er es mitteilen, wenn er in Kürze eine längere Haftstrafe antritt. Schwerbehinderungen müssen nur dann mitgeteilt werden, wenn sie den Arbeitnehmer daran hindern die vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Gleiches gilt bei der Krankheit. Wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Schwere der Krankheit oder wegen der Ansteckungsgefahr die Arbeitsleistung nicht erbringen kann, dann muss er das mitteilen.
Fragerecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber hat ein Fragerecht, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Frage hat. Nach der Gesundheit darf der Arbeitgeber fragen, soweit dies für die auszuübende Tätigkeit von Bedeutung ist. Nach der Schwangerschaft darf der Arbeitgeber nur fragen, wenn es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und Beschäftigungsverbote von Anfang an bestehen. Bei der Schwerbehinderung muss man differenzieren. Seit Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist die Frage zumindest solange unzulässig und es darf gelogen werden, solange die 6-monatige Wartezeit nach dem SGB IX noch nicht abgelaufen ist. Nach Ablauf der 6 Monate hat der behinderte Mensch aber Kündigungsschutz, den der Arbeitgeber auch beachten muss. Wenn der Arbeitgeber dann nach der Schwebehinderung fragt, weil er die ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten erfüllen will, kann die Lüge auf diese – jetzt berechtigte- Frage zum Rechtsverlust beim Arbeitnehmer führen. Hat also beispielsweise ein Arbeitgeber vor dem Ausspruch von Kündigungen die Mitarbeiter u.a. auch nach der Schwerbehinderung gefragt und lügt ein Schwerbehinderter daraufhin, so kann er sich im Kündigungsschutzprozess nicht darauf berufen, dass die Kündigung unwirksam ist, weil der Arbeitgeber das für die Kündigung eines Schwerbehinderten notwendige Zustimmungsverfahren beim Integrationsamt nicht durchgeführt hat. Da er gelogen hat, genießt er keinen Vertrauensschutz mehr.
Der Arbeitgeber darf auch schon vor Ablauf der 6 Monate fragen, ob der Arbeitnehmer den Arbeitsanforderungen gewachsen ist und dazu Fragebögen ausfüllen lassen. Hierzu hat er ein berechtigtes Interesse.
Wenn der Arbeitnehmer zur Auskunft verpflichtet ist und keine oder falsche Angaben macht, dann kann der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag anfechten.
Auskunftspflichten des Arbeitnehmers im bestehenden Arbeitsverhältnis
Auch im bestehenden Arbeitsverhältnis treffen den Arbeitnehmer Auskunftspflichten, die sich direkt aus dem Gesetz oder aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben können. Aus Treu und Glauben können sich Auskunftspflichten dann ergeben, wenn es dem Arbeitgeber ohne Verschulden über das „ob“ und „wie hoch“ seines Anspruchs gegen den Arbeitnehmer ist und der Arbeitnehmer ohne Probleme Auskunft geben kann. So etwa, wenn der Arbeitgeber wissen möchte, in welcher Höhe der Arbeitnehmer in der Zeit des Annahmeverzuges anderweitige Einkünfte hatte. Der Arbeitnehmer ist dann zur Auskunft über die Höhe der Einkünfte verpflichtet. Solche Auskunftsansprüche sind einer Klage auf Zahlung vorgeschaltet. Jedoch muss der Arbeitgeber in so einem Fall erst einmal beweise, dass der Arbeitnehmer anderweitige Einkünfte hatte. Erst wenn das zweifelsfrei feststeht, hat er den Anspruch darauf, dass der Arbeitnehmer ihm sagt, wie viel er eingenommen hat.
Auch im bestehenden Arbeitsverhältnis kommt es darauf an, wie die Interessenlage zu bewerten ist. Auch hier gibt es das Spannungsfeld zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und dem betrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Dabei kommt es nicht auf die Neugier des Arbeitgebers an, sondern darauf, dass er durch die Auskunft des Arbeitnehmers beurteilen kann, ob dieser den betrieblichen Interessen gerecht werden kann. Außerdem muss die Auskunft die einzige mögliche Quelle sein. Hat der Arbeitgeber andere – legale!- Möglichkeiten, an die Informationen heran zu kommen, sind diese zu nutzen.
Auskunftspflichten des Arbeitgebers ggü. dem Arbeitnehmer
Grundsätzlich hat der Arbeitnehmer nur dann einen Auskunftsanspruch, wenn es sich um Umstände aus dem Umfeld des Arbeitgebers handelt. Auch hier geht es im Ausgangspunkt darum, dass der Arbeitgeber leicht eine Information preis geben könnte, an die der Arbeitnehmer nicht anders als durch Auskunft heran kommt.
Eine Pflicht zur Offenbarung ergibt sich zum Beispiel für den Arbeitgeber in der Bewerbungssituation, wenn er schon weiß, dass er Stellen im großen Stil abbauen wird oder er in Zahlungsschwierigkeiten ist und der Arbeitnehmer das nicht weiß und auch nicht wissen kann, wie etwa durch Presseberichte. In dem Falle würde der Arbeitgeber den Arbeitnehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen, wenn dieser einen anderen Job aufgibt oder nicht annimmt und dtattdessen beim wirtschaftlich zart besaiteten Arbeitgeber anheuert und Schiffbruch erleidet.
Im Laufenden Arbeitsverhältnis gibt es besondere Auskunftspflichten des Arbeitgebers nur im Einzelfall. Teilweise sind sie auch gesetzlich geregelt, zum Beispiel im TzBfG über die Arbeitsplatzsituation im Unternehmen.
Vielfach erteilen Arbeitgeber aber Auskünfte von sich aus, obwohl sie gar nicht müssten. Wenn dies der Fall ist, müssen die Auskünfte zutreffend sein.