Gütetermin beim Arbeitsgericht

Der Gütetermin beim Arbeitsgericht ist eine Besonderheit, die es so im „normalen“ Zivilprozess nicht gibt.

Gütetermin beim Arbeitsgericht – zeitlich entkoppelt

Anders als im „normalen“ Zivilprozess ist der Gütetermin zeitlich vom Kammertermin, in dem es streitig zur Sache geht, entgekoppelt. Im Zivilprozess startet die Verhandlung auch mit einer Güteverhandlung. Jedoch kann diese gleich im selben Termin in die Hauptverhandlung übergehen, in der die Anträge gestellt werden.

Dies gibt es im Arbeitsrecht nicht. Der Gütetermin ist auch kein „nice to have“. Er ist ein „must have“. Mit ihm beginnt das Verfahren und ohne ihn geht es nicht. Selbst die größten „Streithammel“, die nicht die geringste Lust haben, sich zu einigen, müssen durch die Güteverhandlung.

Kleiderordnung beim Gütetermin

Im Arbeitsrecht ist alles ein bisschen anders. Es fängt, zumindest in Baden-Württemberg, schon bei der Kleiderordnung am Arbeitsgericht an. Normalerweise sind wir Anwältinnen und Anwälte Schwarzkittel und tragen bei Gericht eine, modisch leider sehr fragwürdige, aber gleichsam würdevolle schwarze Robe.

Im Gütetermin müssen wir Anwältinnen und Anwälte das nicht tun. Wir erscheinen zur Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht „in Zivil“. Das hat auch den Grund, eine Einigung zu forcieren, denn die schwarze Robe zeigt Distanz und macht den ganzen Prozess formeller und strenger. Der Gütetermin soll aber dazu dienen, die Möglichkeiten einer Einigung auszuloten und das wird, zumindest hier in Baden-Württemberg, sehr gut eingerahmt.

Sie als Partei im Prozess müssen sich nicht unbedingt aufbrezeln, aber es zeigt Respekt vor dem Gericht und der anderen Seite, wenn man sich sauber und gepflegt kleidet. Ein Anzug ist aber für den Termin einer Güteverhandlung beim Arbeitsgericht für beide Parteien nicht notwendig. Manchmal ist es sogar ratsam, nicht ganz so overdressed zu erscheinen – egal zu welcher der beiden Parteien sie gehören. Lassen Sie sich von Ihrem Anwalt/Anwältin auch dazu beraten. Manchmal ist es kontraproduktiv, wenn man zu sehr „protzt“. Lassen Sie bei der Güteverhandlung dann doch lieber den Porsche in der Garage und die Rolex im Safe. Erscheinen Sie zum Prozess einfach im ganz normalen Business-Look und Sie sind optimal angezogen.

Auch bei der Farbwahl kann man schon nonverbal ein Statement für die anderen Parteien setzen. Blau zeigt Verbindlichkeit. Schwarz zeigt Distanz. Usw. Grundsätzlich können Sie natürlich zum Prozess anziehen, was Sie wollen. Und ich schlage Ihnen vor: Nutzen Sie auch die Möglichkeiten der nonverbalen Kommunikation und machen Sie sich bewusst, dass Sie wahrgenommen werden und wie Sie wahrgenommen werden wollen – sowohl vom Rechtsanwalt als auch vom Arbeitgeber/Arbeitnehmer.

Dauer des Gütetermins

Neben der etwas lockereren Kleidung (businesslike, nicht casual) zeigt man in Baden-Württemberg seitens der Gerichte auch durch die Dauer der Gütetermine, dass ein Einigungsversuch ernsthaft versucht werden soll. In der Regel sind die Termine in einer Güteverhandlung auf 20 Minuten ausgelegt. In anderen Bundesländern können das auch nur 5 Minuten sein. Hier im Süden nimmt man sich jedoch Zeit und ich hatte auch schon Gütetermine von 2 Stunden Dauer (mit Unterbrechungen zur Beratung) und am Ende eine gute Lösung.

Ablauf des Gütetermins

Die Güteverhandlung ist eine Verhandlung nur mit dem Vorsitzenden. Die Schöffen kommen erst im Kammertermin dazu. Auch Zeugen braucht man hier noch nicht. In der Regel hat der Arbeitnehmer geklagt, zum Beispiel wegen einer Kündigung, und der Richter weiß noch recht wenig über den Fall. Derjenige, der zuletzt etwas geschrieben hat, darf erst mal schweigen und die andere Seite bekommt vom Richter die Gelegenheit zu erwidern und den Sachverhalt mündlich zu schildern. Nach einigem Hin und Her zwischen den streitigen Parteien (Bitte den Anderen ausreden lassen!) wird der/die Vorsitzende eine erste und vorläufige Einschätzung abgeben. Er/sie wird auch Fragen stellen und dann eine Abwägung vornehmen, wie er/sie die Chancen zum derzeitigen Zeitpunkt sieht und wo ggf. die Knackpunkte liegen.

Dann wird das Gericht fragen, ob man sich eine Einigung vorstellen kann und die Parteien sind aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen. Entweder man schließt dann einen Vergleich oder einen Vergleich mit Widerrufsrecht oder es kommt zu keiner Einigung und das Gericht setzt einen Kammertermin fest. Vor dem Kammertermin bekommen beide Seiten noch ausreichend Zeit, durch Schriftsätze vorzutragen.

In den meisten Fällen im Arbeitsrecht enden die Verfahren im Gütetermin durch Abschluss eines Vergleichs. Jede Seite will in der Regel schnell in Ruhe weiter arbeiten und einen Schlussstrich unter den Rechtsstreit ziehen. Auch das ist eine Besonderheit im Arbeitsrecht.

Es gilt also den Gütetermin gut vorzubereiten und sich ggf. auch schon auf mögliche Erwiderungen der Gegenseite vorzubereiten. Außerdem sollte jede Seite ungefähr wissen, zu welchen Konditionen sie einen Vergleich schließen würde.

Mit dem Gütetermin ist jedoch die Möglichkeit der Einigung nicht abgeschlossen. Eine Einigung kann in jedem Verfahrensstadium geschlossen werden.

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