31 Dez
2012

Verlängerung der Befristung ohne Sachgrund durch Tarifvertrag möglich

Das Bundesarbeitsgericht hat im August 2012 (7 AZR 184/11) einen Fall zu § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG entschieden. In § 14 Abs. 2 TzBfG heißt es:

„Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.“

Der klagende Arbeitnehmer war bei einem Unternehmen des Wach- und Sicherheitsgewerbes befristet angestellt. Der erste befristete Vertrag begann am 3.4.2006 und der letzte von mehreren befristeten Verträgen endete am 2.10.2009. Der Mann war also 3,5 Jahre ohne sachlichen Grund befristet angestellt. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ein Unding. Jedoch berief sich der Arbeitgeber auf § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG und damit auf die Möglichkeit der anderweitigen Regelung durch Tarifvertrag. Maßgeblich ist in diesem Gewerbe der Mantelrahmentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe. Dieser ist zwar nicht allgemeinverbindlich wurde jedoch per Arbeitsvertrag in das Arbeitsverhältnis der streitenden Parteien einbezogen.

Damit galt auch dessen § 2 Nr. 6, in dem es heißt, dass eine Befristung ohne sachlichen Grund für die Gesamtdauer von bis zu 42 Monaten möglich ist und es bis zu 4 Verlängerungen geben darf.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass diese tarifvertragliche Regelung wirksam ist. Sie entspricht der gesetzlichen Tariföffnungsklausel des § 14 Abs,2 Satz 3 TzBfG. Auch wenn dort davon die Rede ist, dass „die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden“ kann (Hervorhebung von mir). Die Konjunktion „oder“ sei in § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG nicht als „entweder oder“ sondern als „und/oder“ zu lesen. Man kann daher sowohl die Gesamtdauer der Befristungen Verlängern und zusätzlich auch die Anzahl der Befristungen erhöhen.

Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch gleichzeitig betont, dass der Sinn und Zweck des Teilzeit- und Befristungsgesetzes nicht konterkariert werden darf. Sinn und Zweck des Gesetzes sei, dass Befristungen nach § 14 Abs.2 TzBfG grundsätzlich nur mit Sachgrund und nur ausnahmsweise ohne Sachgrund möglich sein sollen. Daher ist die Verlängerung der Gesamtdauer der Befristungen und die Erhöhung der Anzahl der Befristungen durch Tarifvertrag nicht nach oben offen. Es gäbe auch da Grenzen. Diese seien jedoch durch den vorliegenden Tarifvertrag nicht verletzt worden. Leider hat das Bundesarbeitsgericht nicht verraten, wo es die Grenze sieht, so dass man sich sicher nur in dem der Entscheidung zugrunde liegenden Rahmen von max. 42 Monaten und max. 4 Verlängerungen sicher bewegen kann.

Das Bundesarbeitsgericht nahm auch keinen Anstoß daran, dass der Tarifvertrag „nur“ aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahme und nicht aufgrund Gewerkschaftsmitgliedschaft des Klägers galt. Es hat dazu kein Wort verloren sondern ganz selbstverständlich die Geltung des in Bezug genommenen Tarifvertrages angenommen.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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