5 Feb
2015

Schadensersatz bei fehlender Zielvereinbarung

Viele Arbeitnehmer, vor allem Führungskräfte, haben einen variablen Vergütungsanteil, der nach Erreichung bestimmter Ziele gezahlt wird. Das LAG Köln hatte am 17.7.2014 (7 Sa 83/14)  in einem Fall zu entscheiden, in dem mit dem Arbeitnehmer keine Zielvereinbarung getroffen wurde, obwohl der Abschluss einer Zielvereinbarung im Arbeitsvertrag vorgesehen war. Der Mann bekam insgesamt 23.500 Euro Schadensersatz zugesprochen.

Im Einzelnen ging es um Folgendes:

Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine erfolgsabhängige Vergütung hat auf der Basis vorher vereinbarter und dann auch erreichter Ziele. Im Vertrag wurde auch geregelt, dass jeweils im ersten Quartal eines Jahres die Vereinbarung der Ziele erfolgen sollte. Es gab zusätzlich eine Betriebsvereinbarung, in der der Ablauf dieser Gespräche geregelt war. Dem Arbeitnehmer wurde im Januar 2012 gekündigt. Folglich fand kein Zielvereinbarungsgespräch statt. Wenn Ziele vereinbart worden wären, hätte die entsprechende Vergütung bei 100 % Zielerreichung 23.500 Euro betragen. In einem Urteil vom 27.6.2012 hatte das LAG Köln den Arbeitgeber schon mal zur Zahlung eines Vorschusses in Höhe von 9.400 Euro verurteilt. Der Arbeitnehmer wollte mit den weiteren Verfahren noch die restlichen 14.100 Euro, die er dann auch bekam.

Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer Anfang 2012 mehrfach gekündigt und ihn unwiderruflich freigestellt. Er durfte also gar nicht arbeiten und wurde daher auch daran gehindert, Ziele zu erreichen. Die Kündigungen haben sich im Nachhinein als unwirksam herausgestellt. Daher, so das LAG, hatte er einen Schadensersatzanspruch auf den Betrag, der bei 100 % Zielerreichung zu zahlen gewesen wäre, denn im Vorjahr hatte er auch 100 % seiner Ziele erreicht.

Der Arbeitgeber hatte hinsichtlich der Zielvereinbarung die Pflicht, initiativ zu werden. Das gilt auch dann, wenn in solchen Vereinbarungen steht, dass die Ziele einvernehmlich vereinbart werden. Es ist immer der Arbeitgeber, der auf den Arbeitnehmer zugehen muss. Hier hatte er aber nicht nur die Initiative unterlassen. Er hat den Arbeitnehmer – rechtsunwirksam, wie sich später herausstellte – sogar an der Arbeit gehindert. Daraus resultierte der Anspruch auf Schadensersatz (entgangener Gewinn). Die Höhe des Schadens war vom Gericht zu schätzen. Dabei wird aber nicht ins Blaue hinein geschätzt. Es werden Anhaltspunkte aus dem vorliegenden Arbeitsverhältnis dazu heran gezogen. Es  ist dabei zu schauen, was passiert wäre, wenn alles ohne Störungen gelaufen wäre. Es ist weiter davon auszugehen, dass die Parteien nur Ziele vereinbart hätten, die vom Arbeitnehmer angesichts seiner Kenntnisse und Fähigkeiten auch zu 100 % zu erreichen gewesen wären. Die Annahme, dass ein Arbeitnehmer grundsätzlich zu 100 % erreicht kann vom Arbeitgeber nur dadurch widerlegt werden, dass er konkrete besondere Umstände vorträgt, die einen Schluss zulassen, dass der Arbeitnehmer die Ziele eben nicht zu 100 % erreicht hätte. Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel die Zielerreichung der letzten Jahre vorzulegen, aus der sich ergibt, dass er unter 100% Zielerreichungsgrad hatte etc. Der Arbeitgeber hatte jedoch im vorliegenden Fall nichts dergleichen vorgetragen.

FAZIT: So wie sich der Fall zwischen den Zeilen liest, wurde hier bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gut genug gearbeitet. Es hätte schon 2012 eine Regelung zur Beendigung geben müssen, die alle weiteren Ansprüche der Parteien untereinander ausschließt.

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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