20 Aug
2014

Geschäftsführer als Arbeitnehmer

Es ist immer wieder Streitpunkt: Wann ist eine Geschäftsführer eine Arbeitnehmer und wann darf er den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten beschreiten. Das LAG Hessen hatte am 02.12.2013 (7 Ta 387/13 ) einen solchen Fall zu entscheiden. Wie das Aktenzeichen schon zeigt, handelte es sich um einen Beschluss. Das LAG hatte nämlich zunächst darüber zu entscheiden, ob der Arbeitsrechtsweg überhaupt der richtige war oder ob der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten – hier Landgericht – eröffnet wäre.Die A-GmbH hatte mehrere Tochtergesellschaften. Eine Tochtergesellschaft, nennen wir sie B-GmbH, erbrachte für sämtliche Töchter der A-GmbH Beratungsdienstleistungen. Eine weitere Tochtergesellschaft war die H-GmbH. Die B-GmbH schloss mit einer Frau, der späteren Klägerin einen Vertrag, der als „Geschäftsführervertrag“ bezeichnet wurde. Laut diesem Vertrag zwischen der Klägeirn und der B-GmbH sollte die Klägerin als Geschäftsführerin der H-GmbH tätig werden und sie wurde gleichzeitig verpflichtet, auch als Geschäftsführerin anderer Tochtergesellschaften der A-GmbH tätig zu werden. Die Klägerin nahm als Geschäftsführer in ihr Amt bei der H-GmbH auf. Sie legte es jedoch schon einen Monat später wieder nieder. Die B-GmbH teilte der ehemaligen Geschäftsführerin mit, dass man sie per Gesellschafterbeschluss als Geschäftsführerin der H-GmbH abberufen habe und kündigte ihr. Dagegen erhob die Geschäftsführerin Klage beim Arbeitsgericht.

Die B-GmbH wandte dagegen ein, dass die Frau schon gar nicht beim Arbeitsgericht hätte klagen dürfen, weil es sich bei ihr um eine Geschäftsführerin handele und sie damit gemäß dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz nicht zum Arbeitsgericht dürfe. In § 5 Abs. 1, Satz 3 ArbGG heißt es:

„Als Arbeitnehmer gelten nicht in Betrieben einer juristischen Person oder einer Personengesamtheit Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.“

Dem hielt die Klägerin entgegen, dass sie im Verhältnis zur B-GmbH durchaus Arbeitnehmerin sei und nicht Geschäftsführerin. Sie sei überdies laut Vertrag verpflichtet, nicht nur als Geschäftsführerin der H-GmbH zur Verfügung zu stehen sondern auch für andere Tochtergesellschaften.

Arbeitsrechtlich gesehen, ist das „kalter Kaffee“. Das BAG hat zuletzt 209 entschieden, dass es für die Frage, ob der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröfnet ist, darauf ankommt, ob der Kläger eine Organstellung in Bezug auf den Beklagten hat oder ob sie aus einem weiteren Rechtsverhältnis klagt. Wenn es nicht ausschließlich um die Organstellung als Geschäftsführer geht sondern um ein weiteres Rechtsverhätnis, so greift § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein.

So war es im vorliegenden Fall auch. Die Frau hatte ein Geschäftsführerverhältnis zur H-GmbH aber nicht zur beklagten B-GmbH. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten war eröffnet. Überdies bejahten beide Instanzen die Arbeitnehmereigenschaft der Klägerin. Sie sei weisungsgebunden, denn sie habe die Verpflichtung gehabt, auf Geheiß der B-GmbH auch für anderer Tochtergesellschaften tätig zu werden.. Damit war sie nicht frei in ihrer Entscheidung. Des Weiteren hatte der sogenannte „Geschäftsführervertrag“ noch weitere Pflichten enthalten, die die Frage der Weisungsgebundenheit für die Gerichte eindeutig beantworteten: zugunsten der Klägerin und deren Arbeitnehmereigenschaft.

Wie der Rechtsstreit um die Kündigung ausging ist nicht bekannt.

FAZIT: Nicht alles, wo „Geschäftsführervertrag“ drauf steht, ist auch ein Geschäftsführervertrag. Eine Prüfung lohnt sich im Ernstfall. Papier ist geduldig. Entscheidend ist, was tatsächlich gelebt wird.

 

von: Dr. Sandra Flämig | Kategorie: Aktuelles Arbeitsrecht Blog

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